Das Tannermoor – ein ökologisches Juwel, auch als Europaschutzgebiet gewürdigt, lässt die Schaffenskraft der Natur von über 10.000 Jahren erleben. Dazu gesellt sich der Rubenerteich als Oase der Ruhe und des Badegenusses. Neu gestaltete Wanderwege laden ein, mehr über das Latschen-Hochmoor zu erfahren.
Verborgen und mystisch liegt der Rubenerteich im Geierschläger Wald. An sonnigen Tagen lächelt das Spiegelbild der umliegenden Gehölze und des Himmels auf der ruhigen Wasseroberfläche. Tritt man näher hinzu, offenbart der Teich aber sein dunkelbraunes, ja fast schwarzes Moorwasser, welches reich an Huminsäuren den Badegästen neben Schwimmvergnügen auch kurmäßigen Genuss verspricht. Von Mitte Mai bis Ende September kann im Rubenerteich auch gefischt werden.
Obwohl das Gewässer 1838 künstlich angelegt wurde, hat ihn sich die Natur längst als wertvollen Lebensraum einverleibt.
Über 10.000 Jahre erzählen ...
Freilich schlug das an den Rubenerteich angrenzende Tannermoor bereits rund 14.000 Jahre früher sein erstes Kapitel auf. Nach der letzten Eiszeit blieben flache Gesteinsmulden im Granit als Versumpfungswannen zurück, in denen Seggen und Wollgräser die Torfbildung einleiteten. Erst mit den Torfmoosen wuchs es nach und nach zum Hochmoor auf und schuf die heutige, über den Grundwasserspiegel hinausreichende Aufwölbung. Über acht Meter dick ist mittlerweile die Torfschicht geworden und dokumentiert darin als Chronik einen Teil der Regionsgeschichte. Heute ist das rund 120 Hektar große Moor durch eine nahezu geschlossene Legföhrendeckung geprägt.
Das Moor erwandern ...
Zwei neu angelegte Wanderwege stehen zur Auswahl: der kurze, aber kinderwagentaugliche RUBNERtrail und der etwa sechs Kilometer lange Moorrundweg TANNERtrail. Letzterer führt die Besucher und Naturinteressierten in eine mystische und sagenreiche Welt, lässt hochspezialisierte Tier- und Pflanzenarten entdecken und vermittelt, wieso Moore für den Klimaschutz so immens wichtig sind.
Rätselstationen bringen Kindern das Thema Moor spielerisch näher. Nach rund einem Drittel des Weges erreicht man den Aussichtsturm. Wer ihn erklimmt, wird mit einem Rundblick über das Moor belohnt. Es geht dann weiter durch das Latschenmoor. An den Wegrändern vermag der achtsame Naturliebhaber unterschiedliche Arten des Tormoores, mehrere Beerenarten oder mit viel Glück eine Dolomedesspinne oder einen Moorlaufkäfer zu bestimmen. Moorbläulinge, Hummeln und Waldameisen gesellen sich dazu. Aber nur jenen mit entsprechendem Glauben wird sich das 'Fuchtlmandl' zeigen, jene flackerhafte Gestalt, die uns eine Pforte ins Mystische und Sagenhafte eröffnet. Bei den Lehrmüller Mauern bietet die Natur ein weiteres eindrucksvolles Lehrstück zur Wollsackverwitterung auf. Auf den wie aufgeschichtet erscheinenden Blocksteinen stand einst eine Holzburg. Sie ist längst vermodert, geblieben ist hingegen bis heute das grandiose Panorama, welches sich weit hinein ins Moor und in die Hochebenen des Mühlviertels eröffnet.
Das Naturschutz- und Europaschutzgebiet Tannermoor liegt in der Marktgemeinde Liebenau in der Nordostecke Oberösterreichs. Mit einer Fläche von ca. 120 Hektar, von denen knapp 100 Hektar mit Latschen bestanden sind, ist es das größte Moor im Gemeindegebiet von Liebenau und zählt zu den größten im Land.
Das Moor entstand nach der letzten Eiszeit vor ungefähr 12.000 Jahren. Es liegt auf einer Seehöhe von über 930 Metern und zur Gänze im Gebiet des Weinsberger Granits, der an manchen Stellen von feinkörnigem Ganggranit durchzogen wird. Dieser bildet die wasserundurchlässigen Mulden, in denen sich dieses Moor bis zu einer Mächtigkeit von 10 Metern bilden konnte.
Seit Menschengedenken wurde das Gebiet des Tannermoores weder abgeholzt, noch wurde darin jemals Torf gestochen. Der einzige menschliche Eingriff in dieser Gegend war bis 2019 der am Südrand des Moores gelegene Rubenerteich, der früher das nötige Wasser zur jährlichen Holzschwemmung lieferte. Der Rubener-Teich wird vom Tannerbach gespeist, der aus dem Hochmoor fließt - daher die dunkelbraune Färbung des beliebten Naturmoorbadeteiches.
SCHUTZ FÜR DAS TANNERMOOR:
Da aber auch das Tannermoor, wie alle übrigen Moore Österreichs, mit einem stetig absinkenden Grundwasserstand und der damit verbundenen langfristigen Austrocknung zu kämpfen hat, wurde vom Land Oberösterreich im Jahr 2019 in Zusammenarbeit mit der Oö. Landeskultur GmbH., der Landesumweltanwaltschaft und dem technischen Büro REVITAL ein beispielloses Revitalisierungsprojekt zur Wiedervernässung des Hochmoores umgesetzt. Besonders beeindruckend bei diesem Projekt ist dabei die unglaubliche Dimension. Die Maßnahmen, Bauwerke und Logistik, die hier zur vollständigen Wiedervernässung der gesamten Moorflächen im Tannermoor umgesetzt wurden, hat es in Österreich so bislang noch nicht gegeben. Ziel ist es, den Wasserhaushalt im Moor nachhaltig zu verbessern, das Moor möglichst wieder in seinen Urzustand zu versetzen und das österreichweit einzigartige Naturjuwel für künftige Generationen zu erhalten. Die dabei unvermeidbaren kurzfristigen Narben in den wertvollen Moorflächen werden schon bald wieder geschlossen sein, wobei der Nutzen den getätigten Aufwand zum Erhalt des Moores jedenfalls rechtfertigt.
Durch den Verschluss der Entwässerungsgräben ist mittlerweile bereits ein Anstieg des Grundwasserspiegels und die Entwicklung urtypischer Torfmoose erkennbar. In einigen Bereichen des Moores wurde der sensible Moorboden in der Vergangenheit mit standortfremden Fichten aufgeforstet. Ein Teil davon wurde bereits wieder entfernt, die bestehenden Rillen im Moorboden werden eingeebnet und vorhandene Gräben mit Torf verfüllt. Die Entwässerung dieser Moorteile soll dadurch unterbunden und ein Anstieg des Grundwasserspiegels erreicht werden.
Projektträger: Land OÖ., Abteilung Naturschutz (Tel. 0732 7720-11871, n.post@ooe.gv.at) und EU
Projektbetreuung: Büro Revital - Integrative Naturraumplanung, Österr. Bundesforste; Christian Schröck (Biologiezentrum, Oö. Landesmuseum), Mario Pöstinger (Oö. Umweltanwaltschaft)
REICHTUM AN SELTENEN PFLANZEN UND TIEREN:
Der Reichtum an seltenen Pflanzen und Tieren ist wohl der kostbarste Schatz des Tannermoores. Neben dem Rehwild können wir noch Fuchs, Dachs, Edelmarder, Wiesel, Birkwild, Auerwild, Mooreule, Waldohreule, Wildente, Habicht und Sperber antreffen.
Auf Schritt und Tritt stößt der Wanderer auf seltene Pflanzen. Die Legföhre bildet dichte Miniaturwälder, auf freien Stellen gedeiht das Heidekraut. An den Randgebieten findet man Heidelbeeren. Die Moorbeere, auch Rauschbeere genannt, trifft man im feuchteren, zentralen Teil. Über die Sumpfmoospolster kriechen die zarten Stengel der Moosbeere.
Auf die Rosmarinheide wird der Moorbesucher erst zur Blütezeit aufmerksam, weil dann die hellrosa kugeligen Blüten den Moorboden zieren. Der Sumpfporst mit seinen weißen, sternförmigen Blüten kommt im dichteren Legföhrenbestand vor. Der rundblättrige Sonnentau, eine "fleichfressende" Pflanze, ist eine Rarität am Teichrand.
Um das Moor findet man prachtvolle Bestände von Fichten, deren mächtigsten sicher über 200 Jahre alt sind. An Laubbäumen kommen hauptsächlich die Birke und die Moorbirke vor. Zahlreiche seltene Gräser und Kräuter, wie Berg-Alpenglöcklein, Weißer Germer, Sturmhutblättriger Hahnenfuß, Alant-Distel, Arnika, Alpenmilchlattich, Pestwurz und Wollgras ergänzen die interessante Flora des Moores und seiner Umgebung.
DAS TANNERMOOR AUF ZWEI WANDERWEGEN ERKUNDEN
Der Moorwanderweg TANNERtrail hat eine Länge von ca. 6 km. Seit 2023 besteht auch der kürzere, aber kinderwagentaugliche RUBNERtrail, der bis zum Nordostufer des Rubenerteichs führt. Beide WEge nehmen ihren Ausgang beim Rubenerteich. Dort teilen sich die Wege. Der TANNERtrail führt er zunächst in Richtung Norden durch Fichtenwald, der von Birken durchsetzt ist. Dann tritt man hinaus auf das Hochmoor. Mitten im Moor ladet ein Hochstand ein, die gesamte Fläche des Hochmoores zu überblicken.
Nach kurzer Wanderung kann der Besucher ein Moorfußbad nehmen, das hier besonders erfrischend ist und auch eine heilkräftige Wirkung haben soll. Anschließend geht es durch einen Fichtenhochwald hinauf zu mächtigen Granitkuppen, der sogenannten "Lehrmüller-Mauer". Hier bietet sich dem Wanderer ein prächtiges Panorama mit einem Ausblick weit ins Land, der für die kurze Mühe des Aufstieges mehr als entschädigt. Durch Hochwald führt der Weg zurück zum Rubenerteich, dem Ausgangspunkt der Wanderung. Reines Moorwasser ladet hier zum Baden und Fischen ein.
Für die Begehung des Moorwanderweges TANNERtrail sind jedenfalls feste, wasserdichte Schuhe zweckmäßig, insbesondere nach Regenfällen, wenngleich die sumpfigsten Stellen durch Holzbrücken befestigt sind. Sandalen, Stöckelschuhe, Halbschuhe und dergleichen sind hingegen keinesfalls geeignet.
Für Wanderer besteht die Möglichkeit, sich von versierten Moorführerinnen und Moorführern durch das Moor begleiten zu lassen, die über alles Wissenswerte informieren und so manche interessante Geschichte oder Sage zu erzählen haben. Besonders für Wandergruppen und Schulklassen empfiehlt sich diese Führung.
Informationen zu Moorführungen und Terminreservierungen sind beim Koordinator der Moorführungen, Herrn Martin Groß (Tel. 0664 73044587, E-Mail: grossmartin54@gmail.com) möglich, oder direkt bei unseren Moorführerinnen von Naturschauspiel.at:
Nach der Wanderung lädt das Moor-Buffet 'MOOR-TREFF' zur Einkehr und Stärkung ein.
Von Mitte Mai bis September besteht im Rubenerteich die Möglichkeit zum Angeln. Fischertageskarten sind am Marktgemeindeamt Liebenau, bei Uli's Tankstelle (Hinterndorfer, Liebenau 129), beim Buffet am Rubenerteich (07953/81250 - www.moor-treff.at) und im Gasthof Holzmann "Moserwirt" (Dauerbach, Nähe Tannermoor) erhältlich.
Besuchen Sie das einzigartige Naturjuwel in der Gemeinde Liebenau -
das Europaschutz- und Naturschutzgebiet Tannermoor ...
Moore können im Vergleich zu Wäldern die bis zu fünffache Menge an Kohlenstoff speichern. Da die Pflanzen in einem wassergesättigten Milieu wachsen und vom Sauerstoff abgetrennt sind, verrotten sie nicht. Somit bleibt der von den Pflanzen aufgenommene Kohlenstoff gebunden. Es bildet sich Torf. Gefährlich wird es, wenn das Moor aber austrocknet, denn der nun eintretende Sauerstoff aktiviert organische Umwandlungsprozesse, und diese wiederum setzen enorme Mengen an CO2 und Methan frei. Moore sind aber auch wichtige Wasserspeicher in der Landschaft. Torf kann bis zu 95 Prozent aus Wasser bestehen. Bei Starkregenereignissen, wie sie künftig vermehrt auftreten werden, dienen Moore als Puffer, in Zeiten der Trockenheit hingegen können sie die Umgebung mit gespeichertem Wasser versorgen.
Mit Verordnungen des Amtes der oö. Landesregierung vom 30.11.2021, LGBl.Nr. 115 und 116/2021, wurde das Naturschutzgebiet Tannermoor in der Gemeinde Liebenau nun auch zum Europaschutzgebiet erklärt und ein Landschaftspflegeplan für dieses Gebiet erlassen.
Grundlage hierfür war ein Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission vom 21.1.2021 (§ 7 Z.2), wonach das "Tanner Moor" ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung gemäß Art. 4 der FF-Richtlinie (§ 7 Z.1) darstellt und als solches als "Europaschutzgebiet Tanner Moor" bezeichnet wird.
Am 13. September 2022 fand in Liebenau eine Fachtagung mit dem Titel "Blickrichtung Moor" statt, an der 60 Fachexperten und Besucher teilnahmen. Die höchst interessanten und wissenswerten Beiträge dazu können Sie im folgenden Podcast nachhören, der vom Freien Radio Freistadt aufbereitet wurde:
LINK: PODCAST FACHTAGUNG 'BLICKRICHTUNG MOOR'
Youtube-Video (C) by HockSong Lim from Sabah, Malaysia 05-2023 - freigegeben für Marktgemeinde Liebenau